Es begann mit einer wilden Aktion - aber dank Tierschützern, einer Gruppe engagierter Spezialisten und der führenden 3D-Technologien ist ein junger Tukan aus Costa Rica zu einem nationalen Symbol für Ausdauer und Hoffnung geworden.

Der Tukan mit Namen Grecia (benannt nach der Region seiner Herkunft) war von Jugendlichen gequält worden und hatte praktisch den gesamten oberen Teil seines majestätischen Schnabels verloren. Zum Glück wurde der verletzte Vogel gefunden und zur Behandlung und Pflege in den nahegelegenen Zoo Ave gebracht. Der Zoo Ave ist Mittelamerikas größtes Tierrettungszentrum.

Der Angriff auf Grecia löste ein großes Medieninteresse aus und führte zu Protesten sowie Gesetzentwürfen für einen besseren Tierschutz in Costa Rica. Im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne wurden mehr als 10.000 US-Dollar für die Behandlung von Grecia gesammelt.

Wie man einen Tukan scannt

Die Geschichte von Grecia weckte auch das Interesse der Grupo SG in San José in Costa Rica. Als Vertriebspartner von 3D Systems sah sich Grupo SG in der Lage, die gesamte 3D-Produktpalette des Unternehmens – von Scan- über Modellier- bis hin zu Drucklösungen – in den Behandlungsprozess des Tukans einzubringen.

Das Team von Grupo SG mit Thomas Lange und Karley Fu an der Spitze stellte das technische Know-how zur Verfügung und vernetzte lokale Fachleute aus den Bereichen Industriedesign, Zahnmedizin, Nanotechnologie und Zoologie mit den aus aller Welt stammenden Experten der 3D-Technologie von 3D Systems.

Nachdem Grupo SG abgewartet hatte, bis der verbleibende Teil des oberen Schnabels des Tukans ausgehärtet war, verwendete das Unternehmen einen Spider-3D-Scanner, um Abmessungen und Merkmale von Grecias Schnabel und umgebenden Bereichen zu erfassen. Der Tukan musste währenddessen wach sein.

„Das Scannen eines lebenden Tukans ohne Anästhesie war schwierig“, sagt Esteban Murillo, Sales Representative bei Grupo SG. „Wir haben zwei oder drei verschiedene Scans erstellt, um sicherzustellen, dass wir alle erforderlichen Daten haben. Der Tukan blieb sehr still, aber die Zeit lief uns davon.“

Um weitere Daten zu gewinnen, scannte Grupo SG auch den unbeschädigten Schnabel eines toten Tukans.

Die Software Geomagic® Wrap® von 3D Systems wurde zur Bearbeitung von 3D-Scan-Daten und deren Umwandlung in 3D-CAD-Modelle verwendet. Für Messungen und die Analyse der Geometrie kam die Software Geomagic Control™ zum Einsatz, die normalerweise für die 3D-Teileprüfung von Industrieprodukten genutzt wird.

Modellierung des neuen Schnabels

Grupo SG leitete Fotos, Dokumente, Scan-Dateien und Anforderungen an Youngkwan Joo, einen Experten für 3D Reverse-Engineering vom Modellierungsteam von 3D Systems in Seoul (Südkorea), weiter.

Joo arbeitete mit zwei Datensätzen: einem aus dem Scan von Grecias zerbrochenem Schnabel und dem anderen vom ganzen Schnabel eines toten Tukans. Sein erster Schritt war die Entwicklung eines gut sitzenden Schnabels für Grecia unter Verwendung der Software Geomagic Freeform® von 3D Systems.

Mit Geomagic Freeform können Anwender hochpräzise Modellformen aus virtuellem Ton erstellen. Die Lösung beinhaltet das haptische Eingabegerät Geomagic® Touch™ X – ein echtes 3D-Interface mit taktilem Feedback. So intuitiv wie die Modellierung mit echtem Ton.

Joo übertrug die Modelle aus Geomagic Freeform nach Geomagic Design™ X, der perfekten Lösung zum Konvertieren von 3D-gescannten Mesh-Daten in CAD-Modelle. Geomagic Design X ermöglicht die automatische und assistentengestützte Extrahierung von Volumenmodellen, die exakte Flächenanpassung an organische 3D-Scans sowie die Bearbeitung von Polygonnetzen und Verarbeitung von Punktwolken, um fertigungsgerechte Konstruktionen zu erstellen.

Nach der Modellierung des Schnabels entwarf Joo einen Aufsatz zur Befestigung der Schnabelprothese an den Resten von Grecias Oberschnabel. Dieser Aufsatz wurde so gestaltet, dass die Schnabelprothese zur Reinigung entfernt werden kann. Zudem wird zu einem späteren Zeitpunkt ein größerer Schnabel eingesetzt werden müssen, weil Grecia noch nicht ausgewachsen ist.

Nach Joos Angaben dauerte der Konstruktionsvorgang zwar insgesamt mehr als zwei Monate, doch die eigentliche Arbeit zum Erstellen mehrerer Versionen des Schnabels mit jeweils kleinen Änderungen habe nur knapp ein Dutzend Stunden in Anspruch genommen.

„Dank der Verwendung des leistungsfähigen Geomagic Design X zur parametrischen Modellierung haben wir eine Menge Zeit gespart“, meint Joo. „Die Befehle in Design X eignen sich optimal zur schnellen und einfachen Entwicklung exakter und hochwertiger Oberflächen aus Scandaten. So können wir uns die allgemeine CAD-Modellierung für das kreative Gestalten zunutze machen.“

Werkstoffauswahl

An der Fertigung eines künstlichen Schnabels waren außerdem zwei Werkstoffexperten von 3D Systems aus den USA beteiligt: Steve Hanna, Vice President of Global Materials Sales and Marketing aus dem Großraum Seattle, und Khalil Moussa, Senior Director of R&D für Werkstoffe und Prozesse in der Hauptniederlassung von 3D Systems in Rock Hill im Bundesstaat South Carolina.

Hanna und Moussa studierten die Eigenschaften echter Tukanschnäbel und Belastungsfaktoren nach den Vorgaben der Fachleute aus Costa Rica und gaben Empfehlungen zu Druckern und Werkstoffen ab.
Grupo SG und Moussa experimentierten dann mit CubePro Nylon als Werkstoff für die ersten Prototypen und entschieden sich schließlich für Duraform PA. Duraform PA ist ein robuster Polyamidwerkstoff, der aufgrund seiner Festigkeit und Langlebigkeit ausgewählt wurde – Eigenschaften, die für Grecias Ess-, Trink- und Putzgewohnheiten am besten geeignet sind.

Der finale Druck erfolgte in Rock Hill auf einem 3D Systems ProX™ 500 SLS-Drucker. Dieser basiert auf dem Prinzip des selektiven Lasersinterns und ist für die außerordentliche Qualität der gefertigten Teile und deren hohe Genauigkeit, Haltbarkeit und Wertigkeit bekannt. Mit ProX 500 und Duraform PA gefertigte Werkstücke werden häufig in der Raumfahrt und für bioverträgliche medizinische Geräte eingesetzt.

„Zweite Chance für das Leben“

Die mit dem 3D Drucker erstellte Kombination aus Aufsatz und Schnabelprothese wurde dann nach Costa Rica geschickt, damit Grecia operiert werden konnte. Der Aufsatz wurde mit Epoxidkleber am Schnabelrest des Vogels befestigt und die Prothese dann mit einem Bolzengelenk arretiert. Die Pfleger beschlossen, den Schnabel nicht zu bemalen – zur Erinnerung an Grecias Tragödie und deren glückliches Ende.

Grecia gewöhnte sich sehr schnell an die Schnabelprothese. Schon nach wenigen Tagen begann er, sich das Gefieder zu putzen und ganz normal zu fressen und zu trinken. Und wenn man den Berichten aus dem Zoo Ave glauben schenken darf, hat die Prothese auch seinen Gesangsfähigkeiten gut getan.
Für Grupo SG ist die Schnabelprothese nicht nur ein technologisches Statement, sondern eine Quelle nationalen Stolzes.

„Die Stimme des Volkes von Costa Rica war laut und deutlich - und wir haben das Privileg, Teil dieses Teams zu sein, das dieser schönen Kreatur eine zweite Chance für das Leben gegeben hat“, sagt Karley Fu. „Ein Team aus wundervollen Menschen und begnadeten Profis sorgte für eine noch nie dagewesene Geste der Zuneigung dank des Einsatzes der neuesten 3D-Technologien.“